Ein Sonnenschirm schützt vor der Sonne.
Ein Rettungsschirm schützt vor der Rettung.
Über 270 Wirtschaftsprofessoren im gesamten
deutschsprachigen Raum protestierten dagegen[1], die
Wirtschaftswissenschafterin Eva Pichler warnt vor einem Staatsbankrott
Österreichs[2]:
Fast unbemerkt trat am 8. Oktober 2012 der ESM in Kraft. ESM steht offiziell
für „Europäischer Stabilitätsmechanismus“, in Wahrheit handelt es sich um ein
„Europäisches Schulden-Monster“, das keinen Vergleich zu scheuen braucht.
Der ESM
ist eine Bank. Hier haften Steuerzahler der (noch) zahlungskräftigen Länder für
die Schulden der Pleitestaaten und vor allem der Banken, die sich verspekuliert
haben. Doch die Bankschulden sind dreimal so hoch wie die Staatsschulden,
erklären die mehr als 270 Wirtschaftsprofessoren – und sagen, wer wirklich
profitiert: „Weder der Euro noch der europäische Gedanke als solcher werden
durch die Erweiterung der Haftung auf die Banken gerettet; geholfen wird statt
dessen der Wall Street, der City of London – auch einigen Investoren in
Deutschland – und einer Reihe maroder in- und ausländischer Banken …“ Der ESM
sorgt dafür, dass Steuerzahler, Rentner und Sparer für die Bankschulden zahlen.
Dabei wäre die Lösung so einfach: „Banken müssen scheitern dürfen.“
Gesetzesbruch
Die
ganze Euro-Rettungspolitik ist ein Musterbeispiel für Gesetzesbruch auf
höchster Ebene. Zuerst hätte der EU-Vertrag von Lissabon nie in Kraft treten
dürfen, da es darüber laut maßgeblichen Verfassungsjuristen in vielen Ländern
wie Österreich Volksabstimmungen hätte geben müssen. Doch das war nirgends der
Fall außer in Irland – wo so oft abgestimmt wurde, bis das Ergebnis passte. Als
nächstes verstießen die Staats- und Regierungschefs gegen den EU-Vertrag von Lissabon, der am 1.
Dezember 2009 in Kraft trat: Hier heißt es in Art. 125 (AEU-Vertrag), dass ein
Mitgliedsstaat „nicht für die Verbindlichkeiten der Zentralregierungen … eines
anderen Mitgliedsstaates“ haften darf. „Am 11. Februar 2010 haben sich die
Staats- und Regierungschefs der europäischen Union zum kollektiven Rechtsbruch
verabredet“, brachte es der deutsche FDP-Abgeordnete Frank Schäffler auf den
Punkt. Seither wurde das Recht von den höchsten Politikern unzählige Male
gebrochen. Die meisten Medien und Richter duldeten dies. „Nimm das Recht weg –
was ist der Staat dann noch anderes als eine Räuberbande?“, fragte schon
seinerzeit der heilige Augustinus. Inzwischen wurde der Lissabon-Vertrag
geändert, um diesen Rechtsbruch legal zu machen. Österreichs Bundeskanzler
Werner Faymann hatte 2008 in seinem berühmten Brief an die Kronenzeitung eine
Volksabstimmung für einen solchen Fall angekündigt. Auch das passierte –
natürlich – nicht.
Folgen für Österreich
ÖVP und SPÖ jubelten über das Inkrafttreten des ESM und die
Grünen zeigten sich stolz, ihre Zustimmung dazu mit der Einführung einer Steuer
(Finanztransaktionssteuer) verknüpft zu haben. Doch was bedeutet er wirklich für
Österreich?
Die Haftungssummen belaufen sich für den ESM auf rund 19
Mrd. Euro und für den bisherigen Rettungsschirm EFSF 21 Mrd. Euro. Zinsen
kommen noch hinzu.[3] Zusammengezählt wäre das
eine Gesamthaftung von 40 Mrd. Euro insgesamt und für jeden einzelnen
Österreicher, vom Baby bis zum Greis, von 5.000 Euro. Zinsen kommen noch hinzu.
Doch das ist womöglich nur die Untergrenze. Laut Aufstellung des
Wirtschaftsexperten Friedrich Romig belaufen sich die Gesamthaftungen für die
Euro-Rettung bereits auf 2,3 Billionen (= 2.300 Mrd.!) Euro. Wenn man
Österreichs Anteil von rund drei Prozent herausrechnet, wären das bereits rund
7.000 Euro pro Kopf und Nase. Die erste Rate für den ESM von 890 Mio. Euro
fließt noch dieser Tage an die EU. Das gesamte Stammkapital von 700 Mrd. Euro
kann jederzeit erhöht werden (Art. 10).
Ermächtigungsgesetz
Dass es sich beim ESM um ein
undemokratisches Ermächtigungsgesetz handelt, zeigen folgende Gesetzespassagen:
-
„Die
ESM-Mitglieder verpflichten sich unwiderruflich und uneingeschränkt, Kapital,
das der geschäftsführende Direktor … von ihnen abruft, innerhalb von sieben
Tagen ab Erhalt der Aufforderung einzuzahlen.“ (Art. 9)
-
Die Finanzminister können die Haftung jederzeit
beliebig erhöhen: „Der Gouverneursrat kann beschließen, das genehmigte
Stammkapital zu verändern.“ (Art. 10
Abs.1)
-
„Der ESM, sein Eigentum, seine Mittelausstattung und
seine Vermögenswerte genießen … Immunität von gerichtlichen Verfahren jeder Art
…“
-
„Das Eigentum, die Mittelausstattung und die
Vermögenswerte des ESM genießen … Immunität von Durchsuchung, Beschlagnahme,
Einziehung, Enteignung und jeder sonstigen Form des Zugriffs …“
-
„Die Archive des ESM … sind unverletzlich.“
-
„Die Geschäftsräume des ESM sind unverletzlich.“
(jeweils Art. 32)
Studie: Euro-Ausstieg ist billiger
Die
nationalen Parlamente geben ihr Königsrecht ab, alleine über die Staatsfinanzen
zu entscheiden. Mit dem ESM ist ein Ausstieg aus dem Euro unvermeidlich, vor
allem um einem Staatsbankrott zu entgehen. Dies zeigen auch internationale
Studien, wie z.B. „Netherlands and the EURO“ des britischen Lombard Street
Research Institutes.[4]
Diese Studie kommt zu dem Schluss, dass selbst der sofortige Ausstieg auf jeden Fall für
die Niederländer weit billiger
käme als die Weiterführung der Währungsunion bis zum Jahr 2015 oder darüber
hinaus.
[1] Frankfurter Allgemeine
Zeitung am 5.7.2012: „Der offene Brief der Ökonomen im Wortlaut“; abgerufen
unter http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/protestaufruf-der-offene-brief-der-oekonomen-im-wortlaut-11810652.html
[2] Kleine-Zeitung-Interview
mit Wirtschaftswissenschafterin Eva Pichler am 19.6.2012: „Österreich droht der
Konkurs“; abgerufen unter http://www.kleinezeitung.at/nachrichten/politik/eu/3046325/oesterreich-droht-konkurs.story
[3] Österreichischer Betrag
zur „Euro-Rettung“: Internetseite des österreichischen Parlaments: „Der
Euro-Rettungsschirm – Ursachen und Instrumente“; abgerufen unter
http://www.parlament.gv.at/PERK/FAQ/AKTF/ und ORF, 3.4.2012; abgerufen unter
http://orf.at/stories/2113500/2113507/
[4] Lombard Street Research: “Netherlands and
the Euro”:
[1] Österreichischer Betrag
zur „Euro-Rettung“: Internetseite des österreichischen Parlaments: „Der
Euro-Rettungsschirm – Ursachen und Instrumente“; abgerufen unter
http://www.parlament.gv.at/PERK/FAQ/AKTF/ und ORF, 3.4.2012; abgerufen unter
http://orf.at/stories/2113500/2113507/
[1] Lombard Street Research: “Netherlands and
the Euro”:
http://www.nuzakelijk.nl/files/Netherlands_and_the_Euro_-_Full_Report_Final.pdf
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